Drei Äpfel fürs Naheland
- Regionale Sortenerhaltung und Heimatverbundenheit -
Drei markante regionaltypische Apfelsorten hätten das Potenzial, unsere naheländische Heimat zu repräsentieren, wären sie nur bekannt genug: Birkenfelder Rotäpfelchen, Sponheimer Flurapfel und Guldentaler Knorzekopp. Jeder Apfel für etwas anderes gut, völlig unterschiedlich im Aussehen, also gut zu unterscheiden. Jeder verbunden mit einer naheländischen Region, aber jeder auf andere Weise. Wandern wir mit diesen drei sympathischen fruchtigen Typen flussabwärts.
Birkenfelder Rotäpfelchen: Von den drei Sorten der beste Kinderapfel; tief dunkelrot, klein bis mittelgroß, Kelchgrube flach, filzig behaart. Fruchtfleisch oft rot geädert, angenehm süß-säuerlicher Geschmack. Genussreife ab Anfang Oktober, vom Baum weg essbar, je nach Standort und Lagerbedingungen haltbar bis etwa Februar, auf trockenen Standorten kürzer. Der Baum wächst mittelstark und ist gut für die Streuobstwiese geeignet. Früher Ertragsbeginn, in guten Obstjahren Massenträger, Früchte dann entsprechend kleiner. Die recht dicke Schale ist glänzend polierbar, was den hübschen Apfel noch attraktiver macht. Früher war er als Weihnachtsapfel beliebt. Man legte die glänzenden Früchte auf den Weihnachtsteller oder hängte kleinere Exemplare an den Christbaum.
Seinen Regionalnamen bekam der Apfel im Raum Birkenfeld, wo man ihn 2008(?) auf der Gemarkung Mackenrodt wiederentdeckte. Aber auch weiter naheabwärts ist er verbreitet. Hier nennt man ihn „Zwiebelapfel“. Im unteren Nahegebiet wurde er um 1990 in den Ortschaften Hergenfeld und Guldental wiedergefunden und vermehrt.
Gerne würde man den Apfel als echten Naheländer ansehen und bewerben, aber leider geht diese Rechnung nicht auf. Der Zwiebelapfel ist nämlich eine ungarisch-österreichische Sorte, die schon zu Zeiten der Donaumonarchie bekannt war. Pomologisch korrekt heißt sie „Roter von Simonffi“.
Es ist aber keineswegs verboten, einer Obstsorte zusätzliche Namen zu geben, zumal das eine Sorte regional besser bekannt macht. Bleiben wir also in unserer Region ruhig bei dem freundlichen Namen „Birkenfelder Rotäpfelchen“.
Sponheimer Flurapfel: Kein Tafelapfel, aber ein guter ertragreicher Wirtschaftsapfel für die Verwertung im Haushalt, ebenso für Saft, Wein und Brennerei. Mittelgroße bis große breitrunde, ansatzweise auch kegelförmige Frucht. Grundfarbe in der Reifezeit gelb, Deckfarbe auf der Sonnenseite leuchtend orangerot, attraktiv rötlich gestreift, Kelchseite mitteltief und in der Regel ohne Berostung und Behaarung. Stielgrube eher eng und etwas eingetieft, leicht bräunlich berostet. Die leuchtende Fruchtfarbe reicht bis in die Stielgrube hinein, dünner kurzer Stiel. Pflückreife Anfang bis Mitte Oktober, Haltbarkeit unter guten Lagerbedingungen bis Januar. Fruchtfleisch gelblich bis weiß, fest, süßsäuerlich, jedoch ohne besonderes Aroma.
Gut ausgereift kann der äußerlich ansprechende Apfel auch noch als Tafelapfel für den gemäßigten Anspruch gelten und im Vergleich mit manch einem durchschnittlichen Supermarktapfel bestehen. Der Sponheimer Flurapfel ist eine starkwüchsige und wenig anspruchsvolle, robuste Sorte für die Streuobstwiese, die früh ins Ertragsalter kommt und regelmäßige gute Ernten bringt.
Eine Regionalsorte des Nahetals und des Hunsrücks, benannt nach dem Klosterort Sponheim. Es ist jedoch nicht bekannt, ob die Sorte wirklich aus Sponheim kommt. Das Verbreitungsgebiet reicht weit über das Naheland hinaus bis nach Rheinhessen und in die Pfalz. Auch im nördlichen Rheinland ist der Sponheimer Flurapfel im Streuobst vertreten, aber ähnlich wie im Herkunftsgebiet heute recht selten.
Guldentaler Knorzekopp: Dieser charaktervolle Apfel wurde 1990 am Ortsrand von Waldhilbersheim, einem Ortsteil des Weindorfs Guldental gefunden. Bald danach bekam er seinen lokaltypisch-rustikalen Namen, der mit dem „Wingertsknorze“ zu tun hat. Kein Wunder, denn der Fundort liegt in unmittelbarer Nachbarschaft von Weinbergen.
Der Apfel ist mittelgroß, meistens rund, manchmal auch kegelförmig. Grundfarbe zitronengelb bis goldgelb, Deckfarbe flächig dunkelgelb, auf der Sonnenseite öfters orange oder schwach rötlich. Schale oft flächig oder streifig berostet, nicht selten warzig, was auch den Namen „Knorzekopp“ befördert hat. Die Kelchgrube ist mitteltief und oft weit; Kelchblätter breit und behaart, unten grün. Stielgrube tief, meistens eng und häufig strahlenförmig berostet, auch über die Vertiefung hinaus. Stiel in der Regel kurz und mitteldick. Kleines, breit geformtes Kernhaus.
Fruchtfleisch auch bei Vollreife knackig fest, aber nicht hart. Geschmack auf dem Höhepunkt der Reife angenehm säuerlich-würzig. Auf dem Lager wird die Frucht bald etwas mürbe, schmeckt dann aber einige Zeit besonders aromatisch. Kein Lagerapfel, jedoch ungefähr 6 Wochen haltbar. Nach bisheriger Beobachtung ist die Sorte ein alternierender Massenträger. Der Baum wird mittelgroß und ist ungewöhnlich triebfreudig, also auch schnittbedürftig. Andererseits lässt sich die Krone gut formen. Früher Ertragsbeginn, große weiße Blüten.
Ein „Knorzekopp“ wirkt in der Landschaft dekorativ wegen seiner weithin leuchtenden gelben Früchte. Da er in einem Weinbaugebiet entstanden ist, dürfte er wärmebedürftig sein. Von den hier vorgestellten drei Nahelandäpfeln ist er gewiss im Geschmack der interessanteste.
Ausblick: Was kann man nun für die drei Nahelandäpfel tun? Ganz einfach: Möglichst oft pflanzen, am besten alle drei gemeinsam auf allen in Frage kommenden schon jetzt vorhandenen oder neu entstehenden Pflanzorten. Vieles bietet sich an: Private Gärten und Wiesen, Ausgleichsflächen der Kommunen, Neuanlage von Streuobstwiesen, Pflanzungen der Obst- und Gartenbauvereine, Erweiterung der Bestände im Freilichtmuseum, Erwerbsbetriebe(Saftherstellung). Nützlich wäre auch, dass die Baumschulbetriebe unserer Region die Äpfel in ihr Sortiment aufnehmen. Veredlungsreiser von überprüften Bäumen sind bei der BUND-Ortsgruppe Guldental erhältlich. Weitere Informationen und vieles zum Thema Obstsortenerhaltung auf der Homepage: bund-guldental.de.
Alle drei Sorten lassen sich gut für die verschiedensten Zwecke nutzen und sind diesbezüglich vor allem bei gemeinsamer Pflanzung im Prinzip „unschlagbar“.
Nicht zu vergessen: Regionaltypische Produkte und Marken fördern die Identität, die heimische Wirtschaft und den Tourismus. In unserem Fall ist das Produkt auf besonders anschauliche und heitere Weise in der Heimat verortet, historisch, geografisch, ökologisch, kulinarisch…